Panikattacken – Wenn der Körper plötzlich Alarm schlägt.
Angst gehört zu unserem Leben und erfüllt wichtige Funktionen. Sie lässt uns Gefahrensituationen erkennen und hilft uns dabei, adäquat auf solche zu reagieren. Menschen, die aufgrund struktureller Schädigungen von bestimmten Hirnarealen keine Angst empfinden können, weisen eine deutlich niedrigere Lebenserwartung auf. Angst ist also lebenserhaltend.
Wenn die Angst aber überhandnimmt und zu häufig, zu intensiv und ohne realistische Gefahrensituation auftritt, wird sie zur Belastung und schränkt unser Leben ein.
Panikattacken sind äußerst unangenehm, aber keineswegs eine Seltenheit. Rund 11% der Erwachsenen erleiden innerhalb eines Jahres eine Panikattacke und jeder 3. erlebt zumindest eine davon in seinem Leben.
Panikattacken sind kurze Episoden intensiver Angst oder Unbehagens. Sie kommen plötzlich und unvorhersehbar auf. Panikattacken sind nicht an spezifische Situationen gebunden. Wie aus heiterem Himmel werden dabei belastende körperliche Beschwerden empfunden und häufig berichten Menschen von einem Gefühl, gleich sterben zu müssen.
Doch was passiert mit unserem Körper während dieser Episoden?
Unser Körper reagiert auf (akuten) körperlichen oder seelischen Stress mit einer maximalen Aktivierung des vegetativen Nervensystems. Das limbische System (Verarbeitung von Emotionen) wird blitzschnell aktiviert und über die Ausschüttung von Stresshormonen kommt es zu einer massiven körperlichen Aktivierung. Zwei Phasen der Alarmreaktion sind essenziell für das Verständnis von Panikreaktionen: Die Schockphase und die Kampf- bzw. Fluchtphase.
Die Schocksymptome der Panikattacken werden vom parasympathischen Nervensystem erzeugt, welches eigentlich für die Entspannung des Körpers zuständig ist. Sein Gegenspieler, das sympathische Nervensystem, ist für die Symptome der körperlichen Überaktivierung verantwortlich.
Zu den durch den Parasympathikus regulierten Schocksymptomen zählen:
– Kreislaufschwäche, Schwindel & Ohnmachtsgefühle: Durch die Verringerung der Herztätigkeit und die Erweiterung der Blutgefäße kommt es zu einem Blutdruckabfall. Schwindel tritt als Zeichen einer Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff auf. Kognitiv äußert sich dies in der Angst vor einem möglichen Kontrollverlust.
– Atemnot: In Schreckmomenten tendieren Menschen ganz automatisch dazu, ihren Atem anzuhalten. Atemnot entsteht durch die Verengung der Luftröhre sowie das Verkrampfen der Bronchien. Das Gefühl der „zugeschnürten Kehle“ resultiert aus der Kontraktion der obersten Speiseröhrenmuskulatur. Die Angst vor dem Ersticken führt häufig zur Hyperventilation.
– Übelkeit & Brechreiz: durch die Verkrampfung der Magenmuskulatur kommt es zu Übelkeit und/oder Brechreiz.
– Harn- oder Stuhldrang: Im Schockzustand kommt es zu einer Aktivierung Ausscheidungsorgane. Evolutionär gesehen soll dies eine bevorstehende Flucht erleichtern.
– Weinen: stellt eine spezifisch menschliche Form der Schreckreaktion dar.
– Weiche Knie: Die Skelettmuskulatur erschlafft und der Muskeltonus fällt ab. Die Knie werden wackelig.
– Blockierung des Denkens: Im Schockzustand kommt es zu Konzentrationsstörungen und durch die vielen (unerklärbaren) körperlichen Symptome berichten viele davon, Angst zu haben „verrückt zu werden“. Häufig kommt es durch sympathisch gesteuerte Hyperventilation zu einem Erleben von Depersonalisation, was diese Angst vor dem Verrückt werden verstärkt.
Sympathisch regulierte Überaktivierungssymptome sind unter anderem:
– Herzklopfen, Herzrasen & Herzstolpern: Weil sich der Körper auf Kampf bzw. Flucht vorbereitet, müssen Sauerstoff & Nährstoffe rasch zu den Muskeln transportiert werden. Es kommt zu einer plötzlichen Beschleunigung des Herzschlags und zu einer Erhöhung der Pumpleistung des Herzens. Das Blut wird bis zu 5mal schneller durch den Körper gepumpt. Durch diese unerwarteten und unerklärlichen Symptome entsteht häufig die Angst, gerade einen Herzinfarkt zu erleiden.
– Pulsierende Kopfschmerzen, Ohrensausen, Flimmern vor den Augen: Durch die erhöhte Pumpleistung und der Verengung arterieller Blutgefäße steigt der Blutdruck. Dies kann Symptome wie Kopfschmerzen, Ohrensausen oder Augenflimmern hervorrufen.
– Atembeklemmung und Druck auf der Brust durch Hyperventilation: Bei Stress beschleunigt sich unsere Atmung, um den benötigten Sauerstoff schneller aufzunehmen. Bei grundloser Angst wird der aufgenommene Sauerstoff allerdings mangels Bewegung nicht verbraucht. Durch die übermäßige Atmung kommt es zu einer Überdehnung der Lunge, woraus ein Druckgefühl im Brustkorb entsteht. Durch das Gefühl keine Luft zu bekommen kommt es wiederum zur schnelleren und flacheren Atmung. Das Blut wird alkalisch, die Blutgefäße verengen sich und die Durchblutung wird mangelhaft.
– Mundtrockenheit: Durch die übermäßige Atmung und eine Speichelreduktion, die im Zusammenhang mit der Blockierung der Verdauungsfunktionen durch den Schock steht, kommt es zur Mundtrockenheit.
– Muskuläre Verspannung des Körpers bis hin zum Zittern & Beben: Der Körper wird für Kampf bzw. Flucht aktiviert und es kommt zur Anspannung der Muskulatur. Durch das Ausbleiben der Bewegung, kann es zu keiner Abreaktion dieser Anspannung kommen.
– Hitzegefühl: Durch den erhöhten Energieverbrauch kommt es zum Hitzegefühl. Der Körper beginnt zu Schwitzen, um die Körpertemperatur zu regulieren.
– Geistige Überaktivierung (Wachsamkeit): In Angesicht der möglichen Gefahr, kommt es zur Steigerung der Aufmerksamkeit und Reaktionsfähigkeit. Durch das Fehlen einer echten Gefahr führt dies zu einer unangenehmen Übersensibilität, da die betroffenen Hirnregionen trotzdem stimuliert werden.
Warum treten Panikattacken häufig ohne Auslöser und erst in Zeiten von Ruhe auf?
Panikattacken treten oft erst nach einer körperlichen oder seelischen Belastung auf. Gerade in Situationen einsetzender Ruhe überraschen sie die Betroffenen häufig unangenehm und unerwartet.
Die Ursache dafür liegt im Adrenalinspiegel: War dieser aufgrund von starkem Stress über längere Zeit erhöht, sinkt er mit nachlassen der Belastung nicht immer sofort auf das Normalmaß zurück, sondern wird oft über eine Panikattacke abgebaut. Darum treten Panikattacken häufig in Phasen beginnender Entspannung ohne ersichtlichen Auslöser auf.
Da die ungewohnten und heftigen körperlichen Reaktionen in diesem Ruhezustand nicht erklärbar scheinen, kommt es zu einer ängstlichen Beobachtung des eigenen Körpers, was die körperlichen Symptome wiederum verstärkt.
Worin liegen die Ursachen und die Auslöser von Panikattacken?
Die Ursachen für Panikattacken sind vielseitig und meist hochgradig individuell. Ein anhaltendes hohes Stressniveau begünstigt zum Beispiel die Entstehung von Panikattacken, genauso wie belastende Lebensereignisse, verborgene Traumata, bestehende psychische Erkrankungen oder ängstliche Persönlichkeitszüge. Doch nicht nur psychische Komponenten sind relevant, auch biologische Ursachen können bei Panikattacken eine Rolle spielen.
Auslösen kann eine Panikattacke alles, was zu einem drastischen Anstieg des Adrenalinspiegels im Blut führt. Dies suggestiert dem Körper, dass eine Angstreaktion angebracht ist und es kommt daher zu den beschriebenen körperlichen Reaktionen. Sowohl körperliche als auch seelische Stressoren können eine solche Alarmierung des Körpers hervorrufen.
Panikattacken – was soll ich tun?
Wenn Sie wiederholt von Panikattacken überfallen werden, lassen Sie sich nicht Quälen. Es ist wichtig, die Ursache für die eigene Überaktivierung herauszufinden, um diese zu verhindern. Eine Therapie kann Ihnen dabei helfen und Sie dabei unterstützen, wieder zu mehr Wohlbefinden und Ruhe zurückzufinden.
Verfasst von: Mag. Eva Kleinbrod